Posts tagged: Wunder

Pfingstwünderchen

By , 22/05/2013 11:17

Nach einer längeren Blog-Pause bin ich wieder hier. In der Zwischenzeit sind sowohl drei Wochen Studium vergangen als auch ein Pfingst-Gottesdienst gehalten: Wenn die ehemalige Praktikumsleiterin anfragt, ob man bereit sei, das Wagnis einer Dialogpredigt einzugehen, sagt man nicht Nein, nicht? Nein.

Besonders gefreut habe ich mich darüber, dass die Zusammenarbeit mit (manchen) Pfarrämtlern dermassen unkompliziert und vertrauensvoll sein kann – und dass, “für mich”, auch eine Bewohnerin und ein Bewohner meines EPS-Altersheims (hier schon eingeführt: als “die Tapfere” bzw. “der Sänger”) vorbeikamen. Da nach dem Gottesdienst ein Taxi auf sie wartete, konnte ich nicht mehr mit ihnen sprechen – zumindest nicht direkt im Anschluss. Aber weil sie einer Generation angehören, die sich zu verabschieden pflegt, meldeten sich beide später noch telefonisch bei mir (ab).

Sie, die oft mit “diesem Gott” hadert und die Andacht im Altersheim bis anhin nicht besuchte, will ebendies nun übrigens ändern: “Der Gottesdienst hat mir so gut getan!”

Hach – Pfingsten!

Tricky Seelsorge

By , 13/08/2012 07:51

Das kirchliche Praxissemester wird mich auch in den Bereich der Diakonie führen. Es ist geplant, dass ich das entsprechende dreiwöchige Modul, das mich im September erwartet, in einem Altersheim absolviere – darauf freue ich mich.

Und da ich mich vernünftig und seriös darauf vorbereiten möchte, habe ich in den letzten Wochen und Tagen nach passender Literatur gestöbert. Gefunden habe ich zum Beispiel dieses Buch hier:

Zauberei

Zum Bromkamp-Werk kann ich nichts sagen, habe es nicht bestellt. Aber ich mache mir nun etwas Sorgen vor dem Praktikum im Altersheim – haben Sie gesehen, welches Buch mir gleichzeitig empfohlen wird? [1]

Bedeutet das, dass gute Seelsorge eine Hexerei ist?

Oder soll mir einfach zu verstehen gegeben werden, dass ich unbedingt versuchen muss, die Bewohnerinnen und Bewohner des Heims mit Charme und den rechten Worten zur rechten Zeit zu verzaubern?

[1] Darüberhinaus hat, wie Sie sicher festgestellt haben, auch die Produktbeschreibung nichts mit dem Seelsorge-Buch zu tun.

Ein blaues Wunder

By , 06/05/2012 14:41

Heute, direkt vor dem Gottesdienst: Als ich meinen schönen, dunkelblauen Veston öffne, um es mir auf der Bank gemütlich zu machen, löst sich der untere der beiden Knöpfe. Nach dem Gottesdienst (mit Predigt zum Thema “Gotteslob wirkt Wunder”), zu Hause, fällt beim Ablegen des, durchaus nicht ganz günstigen, Jacketts dann gleich auch noch der zweite Knopf ab.

Wie gross ist wohl die Wahrscheinlichkeit, dass Derartiges geschieht? Keine Frage: Das muss, besonders in Anbetracht des Predigtthemas, ein Wunder sein! Nicht für mich, nein – aber für die Schneiderin, die nun einen Doppelauftrag erhält. Ist halt immer eine Frage der Perspektive.

Knocked out

By , 30/01/2012 06:22

Mitte November hatte ich hier angeregt, dass wir Reformierten unsere Scheu vor Wundern ablegen sollten. Das gilt ganz gewiss und erst recht für einen Eher-Kopfmenschen wie mich.

Und – was soll ich sagen? Seit einem denkwürdigen Erlebnis beim Unterrichten habe ich den Eindruck, auf dem Weg der Besserung zu sein. Das war so: Als ich kürzlich nach einem schwierigen Schulmorgen drei Schüler des Zimmers verweisen und mit Zusatzaufgaben beladen wollte (muss manchmal sein), genauer: just in dem Moment, in dem ich den Mund öffnete, um den Säumigen ebendiese Sanktionen mitzuteilen, klopfte es an der Tür. Eine Schülerin der Nachbar-Klasse wünschte, ihre Kolleginnen und Kollegen um Unterstützung für ihre Projektarbeit anfragen zu dürfen. So aus dem Konzept gebracht, beschloss ich noch während der kurzen Unterbrechung, von den Sanktionen abzusehen. Das Timing war einfach zu perfekt!

Allerdings konnte ich es mir nach dem Mittagessen nicht verkneifen, die betreffenden Schüler beiseite zu nehmen und sie wissen zu lassen, was sich zugetragen hatte. Einer von ihnen, ich darf sagen: nicht der Leiseste, meinte strahlend: “Dann war das ja ein Wunder!” Zurückhaltend mit solcherlei Äusserungen in der Schule, wollte ich dies nicht bestätigen – aber ich nahm mir doch die Freiheit, nicht zu widersprechen.

Der Nachmittag verlief dann übrigens so ruhig wie selten.

Bruder Huldvoll zwischen den Gräben – zu Heiligabend/Weihnachten

By , 24/12/2011 00:27

Die Geschichte hinter der Entstehung des ursprünglich für Gitarrebegleitung komponierten Weihnachtsliedes “Stille Nacht” im Jahre 1818 ist faszinierend. Mehr dazu gibt es, extern, hier. Ebenso eindrücklich ist aber seine Wirkungsgeschichteeine Wirkungs-Geschichte ganz besonders.

Das Ereignis des Weihnachtsfriedens von 1914, auf das ich anspiele, ist wohl hinlänglich bekannt. Es kann aber wieder und wieder erzählt werden, ohne dass es an Faszination einbüsst. Ich jedenfalls kann mich daran nicht satt denken.

Der ehemalige “Stern”-Chefredaktor Michael Jürgs hat vor einigen Jahren zu diesem als “kleinen Frieden im Grossen Krieg” apostrophierten Weihnachtswunder ein Buch desselben Titels verfasst, das gleichsam eine O-Ton-Collage aus Feldpost-Berichten und Tagebuch-Einträgen von der Front sowie aus späteren Erinnerungen der Beteiligten ist. Ein Auszug daraus:

“Von jener Begeisterung, in der im August 1914 die Völker Europas wie besoffen in den Krieg zogen, ist nach insgesamt bereits einer Million Toter im Dezember 1914 nichts mehr geblieben. Im Blut ertrunken. Kein Wunder, dass eines an Weihnachten geschieht. […]

Anfangs ist es nur einer, der Stille Nacht, heilige Nacht vor sich hin singt. Leise klingt die Weise von Christi Geburt, verloren schwebt sie in der toten Landschaft Flanderns. Doch dann brandet Gesang wie eine Welle übers Feld, ‘um Schulterwehr und Schulterwehr und von der ganzen langen dunklen Linie der Schützengräben klang es empor: Schlafe in himmlischer Ruh’. Diesseits des Feldes, hundert Meter entfernt, in den Stellungen der Briten, bleibt es ruhig. Die deutschen Soldaten aber sind in Stimmung, Lied um Lied ertönt ein Konzert aus ‘Tausenden von Männerkehlen rechts und links’, bis denen nach Es ist ein Ros entsprungen die Luft ausgeht. Als der letzte Ton verklungen ist, warten die drüben noch eine Minute, dann beginnen sie zu klatschen und ‘Good, old Fritz’ zu rufen, und: ‘Encore, encore’, ‘more, more’. Zugabe, Zugabe.

Die derart hoch gelobten Fritzens antworten mit ‘Merry Christmas, Englishmen’ und ‘We not shoot, you not shoot’, und was sie da rufen, das meinen sie ernst. Sie stellen auf den Spitzen ihrer Brustwehren, die fast einen Meter über den Rand der Gräben ragen, Kerzen auf und zünden sie an. Bald flackern die, aufgereihten Perlen gleich, durch die Finsternis. Wie das Rampenlicht eines Theaters habe es ausgesehen, wird ein englischer Soldat seinen Eltern schreiben, ‘like the footlights of a theatre’.

Die Bühne für die Inszenierung ist damit ausgeleuchtet, die Generalprobe für ein Stück gelungen, das an den nächsten Tagen an der Westfront gegeben wird. Hier und dort und überall von der Nordsee bis zur Schweizer Grenze. Der Intendant oben in seiner Loge hatte für Flandern beste äussere Bedingungen geschaffen. Nach Einbruch der Dunkelheit an diesem 24. Dezember 1914 – und dunkel ist es bereits gegen sechzehn Uhr – verzog sich der Wind. Klarer Sternenhimmel ‘grüsste uns von der Wohnung des Allmächtigen herab’, und der Vollmond ‘verlieh der weiten, schönen flandrischen Rembrandtlandschaft durch sein mildes Licht das Gepräge wohltuenden Friedens’.

Beides hilft jetzt, Mond und Kerzen. Jede verdächtige Bewegung im Niemandsland wäre sichtbar. Ehre sei Gott in der Höhe, Friede den Menschen auf Erden, verkündet das Evangelium für diesen Tag. Aber in offenbar gewordener Abwesenheit eines Höheren auf Erden beschliessen Deutsche und Briten spontan, Franzosen und Belgier zögernd, an Weihnachten, ohne auf Gottes Segen zu warten, nicht aufeinander zu schiessen.”

(Aus: Jürgs, Michael: Der kleine Frieden im Grossen Krieg, Goldmann, München 2005, S. 77/7f.)

Ob Gott tatsächlich abwesend war in jenem Krieg, den wir heute als den Ersten Weltweiten kennen? Ob er sich wirklich einen Teufel geschert hat um das Menschengeschlecht? Die Soldaten in den Schützengräben, die noch wenige Monate zuvor für Gott und Vaterland in den Krieg gezogen waren, müssen jedenfalls mehr und mehr so empfunden haben. Umso wundervoller, ja: Wunder-voller, dass in Form der spontanen Verbrüderung, die an einigen Frontabschnitten mehrere Tage andauerte, die Weihnachtsbotschaft direkt und punktgenau in die kalte Wirklichkeit einbrach – als Waffenruhe und gemeinsames Begraben der Toten, beim Austausch von Geschenkspaketen aus der Heimat, bei improvisierten Fussballspielen im Niemandsland zwischen den Gräben der Einen und den Gräben der Anderen…

An wohl kaum einem anderen Ort findet sich das Weihnachtsereignis aus dieser Sicht besser umschrieben als in der (nicht im evangelisch-reformierten Gesangbuch enthaltenen) vierten Strophe von, ausgerechnet!, “Stille Nacht” selbst, beinahe hundert Jahre vorher im österreichischen Oberndorf uraufgeführt – und offenbar einer von vielen kleinen Katalysatoren für den Zwischenfrieden:

Stille Nacht! Heil’ge Nacht!
Wo sich heut’ alle Macht
Väterlicher Liebe ergoss
Und als Bruder Huldvoll umschloss
Jesus die Völker der Welt!
Jesus die Völker der Welt!

(Aus: “Stille Nacht”, Text: Joseph Mohr, Musik: Franz Xaver Gruber)

Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern frohe, friedliche Weihnachtstage und ein paar geruhsame Momente zum Ausklang dieses Jahres.

Wunder, niederschwellig

By , 13/11/2011 17:18

Meine Hochachtung für Reinhard Mey ist den Lesern dieses Blogs seit September bekannt. So ist es keine Überraschung, dass ich den Mann hier einmal berücksichtigen muss.

Mitte der Neunziger, 1996 war es, veröffentlichte Mey auf dem auch sonst weitgehend überzeugenden Album “Leuchtfeuer” das Fünf-Minuten-und-ein-paar-zerquetschte-Juwel “Nein, ich lass dich nicht allein”. [1] Daraus hier die 2. Strophe:

Ich kram’ die Fotoalben vor. Hier, sieh mal, das war vor zwölf Jahr’n,
Da sind wir nach Saint-Jean gefahr’n
Und auch in Lourdes vorbeigekommen.
Und von der Quelle mit dem Rummel, der dir jeden Glauben raubt,
Hast du für Hans, der daran glaubt,
Einen Kanister mitgenommen.

Und als kurz vor Vic-Fézensac das Auto Kühlwasser verlor,
Holtest du den Kanister vor,
Um ihn andächtig aufzuschrauben.
Dann fülltest du den Kühler auf, ich traute meinen Augen nicht,
Doch seitdem ist der Kühler dicht!
Da soll man nicht an Wunder glauben?!

(Aus: “Nein, ich lass dich nicht allein”, Text und Musik: Reinhard Mey, Rechte: Maikäfer Musik Verlag, Berlin.)

Mit diesen Dichterworten wünsche ich den Lesern dieses Blogs eine gute Woche. Vielleicht ergreifen wir – ja: sogar wir Reformierten! – hin und wieder die Gelegenheit… und wundern uns?

[1] Den Kauf der CD kann ich besten Gewissens empfehlen. Entstanden in der zweiten “Hochzeit” von Meys Schaffen (ich zähle die Veröffentlichungen der Jahre 1971-1977 bzw. 1990-2000 zu seinen besten), enthält es mit “Lilienthals Traum” ein weiteres Meysterwerk erster Güte.

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