Die Ballade von Immernoch und Längstschon – zu Silvester/Neujahr
Wie schön sie doch sind, die Tage zwischen den Jahren: Das alte Jahr ist nicht mehr, das neue noch nicht. Für alles gibt es eine Stunde, sagt man – in diesen Tagen: die stille Stunde zur Entspannung im Raum zwischen dem Nichtmehr und dem Nochnicht. Zur Ruhe kommen, endlich…
Pustekuchen.
Jetzt erst finde ich doch Zeit dafür, nach dem Alltäglichen der vergangenen elfeinhalb Monate die letzten (und teilweise vorletzten) Pendenzen des alten Jahres abzuarbeiten und mich auf die ersten Wochen im neuen Jahr vorzubereiten. Das Nichtmehr des alten Jahres ist in Wirklichkeit ein lautes, forderndes Immernoch, das Nochnicht des neuen ein ebenso lautes, forderndes Längstschon.
Doppelte Arbeit also.
Und so habe ich die vorlesungs- und unterrichtsfreie Zeit zwischen Weihnachten und Silvester v.a. damit zugebracht, die über das Jahr angesammelten Kleintiere kurzzeitig über meinen Körper gewinnen zu lassen, meine Proseminararbeit zu Løgstrups Ansatz der “ethischen Forderung” doch noch fertigzustellen und, ebenfalls längst geplant, ein Arbeitszeugnis zu formulieren (immer wieder eine Herausforderung) – zugleich aber auch schon damit, den Unterricht der ersten Nachferienwoche sowie eine Hebräisch-Gesamtrepetition für die Tutoratsgruppe vorzubereiten. Jetzt steht noch ein Grossputz an. Wenn ich schon einmal dran bin…
Heute abend immerhin wird eine Pause eingeschaltet.
Ich verneige mich in grosser Dankbarkeit vor dem ausgehenden Jahr. Dieses war, soviel steht fest, das bis anhin ereignis- und lehrreichste, was mein Engagement in den Bereichen Theologie und Kirche anbelangt. Ich durfte beispielsweise feststellen, dass meine theologische Urteilskraft in den vergangenen zwei Semestern einige Fortschritte gemacht hat und ich mich mehr und mehr imstande fühle, an den Diskussionen in den universitären Veranstaltungen ernsthaft teilzunehmen. Auch denke ich sehr gerne an das religions- und bibelwissenschaftliche Seminar in Jerusalem und an das Barth-Blockseminar auf dem Leuenberg zurück, ebenso an die (erfolglose) Kandidatur für das Kirchenparlament und die (bisher erfolgreiche) Leitung der Bubiker Pfarrwahlkommission. Es ist viel gelaufen, und ich habe, es ist tatsächlich so einfach, nur gewonnen.
Zugleich schaue ich erwartungsvoll dem neuen Jahr entgegen. Was es für mich bereithalten wird? Der Uni-Stundenplan des ersten Semesters jedenfalls ist kreditpunktebedingt bereits stark reduziert, und im zweiten Halbjahr geht es in die praktische Ausbildung durch das Konkordat, was, beides, so hoffe ich, einige neue Erfahrungen und Impulse ermöglichen und bringen wird. Darauf bin ich gespannt. Wenn das neue Jahr nur halb so lehr- und abwechslungsreich wird wie das alte, bleibe ich ein glücklicher, zufriedener Mensch.
Das wünsche ich auch Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser: eine kleine Pause heute abend und, morgen beginnend, ein gutes neues Jahr mit den richtigen Herausforderungen zur rechten Zeit.