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Quereinstieg: ja – aber wie? (Stellungnahme von Studierenden)
Der (studentische) Fachverein Religionswissenschaft und Theologie der Universität Zürich, dessen Mitglied auch ich bin, konstituierte an seiner Vollversammlung zu Beginn des laufenden Semesters eine Arbeitsgruppe, die sich mit dem angedachten (verkürzten) Quereinsteiger-Studiengang befassen sollte. Dieser war vom Konkordat im Sommer 2012 angesichts des bald zu erwartenden Pfarrermangels ins Gespräch gebracht worden – und wird seither an der Theologischen Fakultät, zumindest bei uns Studentinnen und Studenten, intensiv diskutiert.
Seit ein paar Tagen liegt die Stellungnahme der genannten Arbeitsgruppe vor. Nachdem ref.ch vorgestern in einer kurzen Nachricht darüber berichtete (hier) und gestern, ebenfalls auf ref.ch, der Leiter der Abteilung Aus- und Weiterbildung von Pfarrpersonen im Konkordat, Pfr. Thomas Schaufelberger, dazu interviewt wurde (hier), ist die Diskussion auch in den sozialen Netzwerken lanciert.
Mit Erlaubnis der Arbeitsgruppe stelle ich Ihnen als Service und zugunsten einer informierten und vertieften Diskussion die vollständige Stellungnahme, die bisher m.W. noch nicht online zu finden ist, zur Verfügung (als pdf):
Stellungnahme Quereinsteiger-Studium (Autoren: die Mitglieder der Arbeitsgruppe “Quereinsteiger-Studiengang”, werden im Dokument namentlich genannt)
Hinweis: Ich teile die (ebenso kritische wie konstruktive) Haltung meiner Kolleginnen und Kollegen, war an der Formulierung der Stellungnahme aber nicht beteiligt. Diskussionen darüber können gerne hier geführt werden – ich möchte aber dazu anregen, Rückmeldungen (auch) direkt an die Arbeitsgruppe zu richten; die zu diesem Zweck eingerichtete E-Mail-Adresse finden Sie am Ende der Stellungnahme.
Kirchenmäuschenstill
Der alte Studer wird vermisst, offenbar: Mehrfach haben mir Kolleginnen und Kollegen, aber auch gestandene Pfarrer, gestanden, sie würden sich mich bissiger, widerspenstiger wünschen, “wie zu Beginn”. Und: “Schreib doch mal etwas gegen…!”
Ich kann das verstehen. Ehrlich. Und es stimmt ja auch: Ich bin etwas zurückhaltender geworden im letzten Jahr. Woran das liege, werde ich gefragt: Ist zurzeit “alles gut” und also nichts kritikwürdig aus meiner Sicht? Gibt es Kritikwürdiges – und ich bin einfacher genügsamer, anspruchsloser geworden? Oder hat mir, wie auch schon vermutet wurde, “die oder der da” die Zähne gezogen (oder zumindest die Flügelchen gestutzt)?
Ganz ehrlich? Natürlich wäre es gelogen, wenn ich behauptete, es gäbe aus meiner Sicht keinerlei Anlass zu Kritik und also nicht Beiträge, die geschrieben werden müssten – auf die ich dann aber verzichte. Ich glaube auch nicht, dass ich in letzter Zeit anspruchsloser und genügsamer geworden bin. Aber sie kann eben eine gute Schneiderin sein, die sprichwörtliche Schere im Kopf – aus den folgenden zwei Gründen, die beide mit meiner gegenwärtigen und künftigen An-Teil-Nahme an und in der Kirche zu tun haben:
Erstens bin ich kein Outsider (mehr). Ich stehe kurz vor dem Abschluss des Theologiestudiums und bin seit mehreren Jahren Kirchenpfleger und habe etwa auch schon einmal eine Pfarrwahlkommission geleitet. Damit ist die Kirche weniger als zu Beginn meines Blöggelens ein abstraktes Gegenüber, sondern immer mehr auch meine Kirche. Der Online-Einsatz des verbalen Zweihänders, so viel Spass er mir und offenbar z.T. auch dem geneigten Zuschauer machen mag, ist dann aber zumeist fehl am Platz. Also: Natürlich gibt es aus meiner Sicht weiterhin sehr vieles an meiner Kirche und am Konkordat zu kritisieren – ja, je mehr Einblick ich habe, desto mehr! Aber wenn ich die Kritik intern, bei den richtigen Stellen, anbringen kann, so ziehe ich dies, falls überhaupt möglich, mittlerweile vor. [1]
Das Zweitens hängt damit zusammen: Ich habe in den vergangenen ein, zwei Jahren die Erfahrung machen müssen, dass öffentlich oder auch nur schon in einer kleinen Gruppe direkt geäusserte Kritik an kirchlichen Strategien von manchen Exponenten der – zumindest meiner – Landeskirche unsachlich gekontert wird. “Man” ist, aus welchen Gründen auch immer, extrem dünnhäutig (geworden?). Und so sind wir bei einem Punkt, auf den ich nicht stolz bin: Ich möchte mich nicht noch stärker exponieren, als ich dies sowieso schon tue. Als Student und angehender Vikar bin ich im Moment auf verschiedener Ebene Bittsteller, und Bittsteller haben, so meine Erfahrung, bittzustellen – und sonst nichts. Das ist frustrierend: für mich, weil die Schere im Kopf zielgenau das Sprachzentrum trifft und deshalb manches nicht thematisiert werden kann, was unter gewöhnlichen Umständen thematisiert gehört. [2] Und vielleicht auch für manchen von Ihnen, weil der neue Studer nicht so bissig und widerspenstig ist wie der alte. Damit müssen wir wahrscheinlich leben.
[1] Von dieser Möglichkeit habe ich schon mehrfach Gebrauch gemacht. Manchmal durchaus mit Erfolg.
[2] Gerade angesichts des absehbaren Pfarrermangels wäre dies dringend notwendig, denn die Probleme sind teilweise zweifellos hausgemacht.
Fünfe grade
Manchmal ist der Gedankenweg, der vom Profanen zum Philosophischen führt, ein kurzer, die Verbindung des einen mit dem anderen eine plötzliche:
Wir tigern an den Stäben hin und her, aber niemand bemerkt uns. Hinter den Stäben liegt ein öder Fabrikplatz, begrenzt durch nackte Fabrikwände. Keine Bewegung – und von Walo weit und breit keine Spur. Nach ziemlich langen drei viertel Stunden, die wir am Tor wartend wie Bettler verbringen, steht er unversehens neben uns.
“Walo, wo hast denn du dich rumgetrieben die ganze Zeit?”
“Ich habe mir einen Sonnenbrand geholt.”
“Hm, wo denn?”
“Im Gras.”
Weil Walo bereits seit morgens um halb sechs unterwegs ist, musste er seine gesetzlich verordnete Zwangspause absolvieren. So hat sich die verschmähte Tankfüllung in Genua über einen Abend, eine Nacht und einen langen Morgen gerächt. Doch jetzt ist unser Vorsprung auf null geschmolzen. So vergeht unsere Zeit. Ob schnell, ob langsam, schliesslich stehen wir alle vor dem genau gleichen Tor.
(Aus: Markus Maeder, Vom Herzchirurgen zum Fernfahrer – Der Spurwechsel des Dr. med. Markus Studer. Ein Bordbuch, Wörterseh Verlag, Gockhausen 2008, S. 56)
Die Erfahrungen der vergangenen Monate sind mir eine Lehre fürs Leben: Ich werde die zwei Semester, die das Theologiestudium noch dauert, gelassener angehen – und manches Andere auch.
Ankommen tue ich sowieso.
Hoppelpause
So: im Anschluss an Karfreitag und Ostern eine vorlesungs- und seminarfreie Woche. Ferien? Ausruhen? Nein: Nun komme ich – nach dem teilweise kopf- und immer atemlosen Hetzen von nicht vorgesehenem Leistungsnachweis zu nicht vorgesehenem Leistungsnachweis, von Thesenpapier zu Thesenpapier, von Zusammenfassung zu Zusammenfassung – nun jedenfalls komme ich wieder einmal: zum Studieren!
(Na gut, möglicherweise ist mein Semester-Stundenplan ja doch zu ambitioniert.)
Richtungswechsel
Dieser Wegweiser steht direkt neben der Bushaltestelle, an der ich aussteigen musste, wenn ich meine liebe Praktikumsleiterin, notabene: die denkbar beste aller Praktikumsleiterinnen, im vergangenen halben Jahr für Besprechungen und den informellen Austausch besuchte:

Nach dem (fast) unilosen Praxissemester beginnt heute wieder das Studium – an der Fakultät.
Auch wenn mir die Tätigkeiten “links” sehr viel Freude gemacht und Befriedigung gegeben haben: Nun geht es also wieder nach “rechts” – mit viel frischem Schwung und der ermutigenden Erkenntnis, dass “das mit dem Pfarramt” machbar ist.
Kreidezeit vorbei
Ausgebildeter Lehrer war ich nie. Nun bin ich auch kein praktizierender mehr: Heute morgen hatte ich zum letzten Mal für längere Zeit Kreide an den Händen. Die Mehrfachbelastung war auf die Dauer schlichtweg zu gross: Gewiss, man kann unterrichten und an der Uni arbeiten und ein Behördenamt ausfüllen und viel und gerne schreiben und ein gesundes Privatleben führen und zügig studieren – aber alles davon gleichzeitig?
Dass es nun ausgerechnet den grössten meiner Nebenjobs, ja: überhaupt einen Nebenjob, getroffen hat, mag diejenigen erstaunen, die wissen, dass ich vom Nur-Studieren bzw. Nicht-Arbeiten nicht viel halte. Es gibt aber einen guten Grund für meine Entscheidung: Wenn diese 11 Wochenstunden Französisch, Deutsch, Geschichte und Geographie, die ich in den letzten anderthalb Jahren erteilt (und vorbereitet) habe, wegfallen – und damit die grösste Ablenkung vom Studium –, kann ich ein Semester früher mit dem Studium fertig sein und es sogar ein Jahr eher als geplant ins Vikariat schaffen; ebendieses eine Jahr wäre ich dann auch früher im Kirchen- oder irgendeinem anderen Markt. Für einen Zweitstudenten, finde ich, ein sinnvolles Ziel, und so reichte ich vor den Herbstferien meine Kündigung ein. [1]
Während die Anstellung an der Uni, das Behördenamt, das Schreiben und das Private bleiben, stecke ich die neu gewonnene Zeit nun also ins Studium – und in die vorgezogene Suche nach einem Vikariatsplatz. [2]
[1] Die Bengel und die Bengelin werde ich trotzdem vermissen.
[2] Der einjährige Vikariatskurs wird, wenn ich den Master tatsächlich so früh wie erhofft schaffe, im August 2014 beginnen. Mal schauen, welcher Pfarrer (oder welche Pfarrerin) und welche Kirchgemeinde meinen Wünschen entsprechen und noch dazu bereit sind, mich als Vikar aufzunehmen.
…und Müssen…
“Können”, “Wollen”, “Müssen” – das war die Reihenfolge beim ersten Mal, vor knapp einem Jahr. Aus, naja, dramaturgischen Gründen will ich die Frage nach dem “Wollen” heuer an den Schluss setzen und an dieser Stelle also zunächst einmal über das “Müssen” nachdenken (nachdem das “Können”-Update bereits erfolgt ist). Nun denn:
Muss es denn gleich ein Pfarramt sein? Reicht es nicht, ausserhalb der (institutionellen) Kirche, konkret: im privatwirtschaftlichen Erwerbsleben, “evangelisch” zu wirken – im Kleinen und ganz uninstitutionalisiert? Kirchliche, christliche Anliegen kann ich ja auch niederschwellig, gewissermassen als “kirchliche Exklave” (oder “Enklave”, je nachdem, woher man schaut), in der Wirtschaft unterstützen!
Gegenfrage an mich: Was heisst schon “Müssen”? Vielleicht ist das zuviel verlangt. “Hier stehe ich und kann nicht anders”? Ganz ehrlich: das eher nicht. Aber ich habe schon den Eindruck, dass es mich grundsätzlich in die Kirche zieht und dass ich in diesem Umfeld glücklich und am richtigen Ort sein kann – weil ich in diesem Umfeld auch jetzt schon immer wieder einmal glücklich und am richtigen Ort bin (in der Oberländer Heimat) bzw. war (in der Praktikumsgemeinde, mit der ich im Übrigen auf die eine oder andere Art verbunden bleiben möchte). Wenn ich dieses “Ziehen” grosszügig als “Müssen” interpretiere: Ja, dann muss ich.
Als ich die Frage nach dem “Müssen” zum ersten Mal stellte, beantwortete ich sie mit “ja”. Vorderhand bleibe ich also dabei – ohne allerdings auszuschliessen, dass…
Mehr dazu im abschliessenden Teil dieser Modalverben-Trilogie, in dem es um das “Wollen” gehen wird.
Personal-Wesen
Ich würde ja gerne einfach studieren und etwas Geld verdienen daneben. Nicht mehr und nicht weniger. Das ist mein Beruf – und deshalb habe ich das Personalwesen vor dreieinhalb Jahren ja hinter mir gelassen.
Und jetzt?
Jetzt stehen zunächst einmal zwei Tage an, die gut ausgefüllt sind mit Probevorlesungen von Bewerbern auf den Zürcher Lehrstuhl für Systematische Theologie. Diese Vorlesungen und die jeweils daran anschliessenden Gespräche werde ich als Studentenvertreter begleiten und am Dienstagabend in der Fakultätsversammlung mitbewerten. (Genau: Nicht nur in den USA wird in der Nacht auf Mittwoch gewählt!)
Und dann: zurück zum studentischen Kerngeschäft, konkret: der ausstehenden Seminararbeit? Nein:
Schon am Mittwoch geht es weiter in der eingeschlagenen Richtung, mit Bewerbungsgesprächen in meiner Kirchgemeinde: Wir suchen eine Hauswartin, einen Hauswart für unser Oekumenisches Zentrum.
Und weil aller guten Dinge drei sind, besuche ich am Freitag mit der Klasse den Lehrlingswettbewerb…
Es scheint zu gelten: einmal Personalwesen, immer Personal-Wesen.
Aber es ist und bleibt halt auch einfach, und deshalb melde ich mich auch weiterhin gerne für Aufgaben in diesem Bereich, ein interessantes Metier!
Underground theology
Die sieben Wochen bis zum Beginn des Kirchgemeinde-Moduls des Praxissemesters werden es in sich haben: Ich will in dieser Zeit, endlich!, meine Bachelorarbeit schreiben. Das wird eine intensive Angelegenheit – und eine düstere noch dazu: Weil die Zentralbibliothek Publikationen, die über hundert Jahre alt sind (was bei Quellentexten im Bereich der Kirchengeschichte rasch der Fall ist), lieber nicht ausleiht, leiste ich seit gestern und bis auf Weiteres fünf-, sechsmal pro Woche aktiven Bücherbesuchsdienst im Keller der ZB. Das Positive daran: Es besteht die berechtigte Hoffnung, dass ich dort, in der Abgeschiedenheit von Magazin null-vier, die Ruhe finde, die ich für eine solche Arbeit benötige.