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Quereinstieg: ja – aber wie? (Stellungnahme von Studierenden)

By , 15/11/2013 12:44

Der (studentische) Fachverein Religionswissenschaft und Theologie der Universität Zürich, dessen Mitglied auch ich bin, konstituierte an seiner Vollversammlung zu Beginn des laufenden Semesters eine Arbeitsgruppe, die sich mit dem angedachten (verkürzten) Quereinsteiger-Studiengang befassen sollte. Dieser war vom Konkordat im Sommer 2012 angesichts des bald zu erwartenden Pfarrermangels ins Gespräch gebracht worden – und wird seither an der Theologischen Fakultät, zumindest bei uns Studentinnen und Studenten, intensiv diskutiert.

Seit ein paar Tagen liegt die Stellungnahme der genannten Arbeitsgruppe vor. Nachdem ref.ch vorgestern in einer kurzen Nachricht darüber berichtete (hier) und gestern, ebenfalls auf ref.ch, der Leiter der Abteilung Aus- und Weiterbildung von Pfarrpersonen im Konkordat, Pfr. Thomas Schaufelberger, dazu interviewt wurde (hier), ist die Diskussion auch in den sozialen Netzwerken lanciert.

Mit Erlaubnis der Arbeitsgruppe stelle ich Ihnen als Service und zugunsten einer informierten und vertieften Diskussion die vollständige Stellungnahme, die bisher m.W. noch nicht online zu finden ist, zur Verfügung (als pdf):

Stellungnahme Quereinsteiger-Studium (Autoren: die Mitglieder der Arbeitsgruppe “Quereinsteiger-Studiengang”, werden im Dokument namentlich genannt)

Hinweis: Ich teile die (ebenso kritische wie konstruktive) Haltung meiner Kolleginnen und Kollegen, war an der Formulierung der Stellungnahme aber nicht beteiligt. Diskussionen darüber können gerne hier geführt werden – ich möchte aber dazu anregen, Rückmeldungen (auch) direkt an die Arbeitsgruppe zu richten; die zu diesem Zweck eingerichtete E-Mail-Adresse finden Sie am Ende der Stellungnahme.

Kirchenmäuschenstill

By , 08/11/2013 16:55

Der alte Studer wird vermisst, offenbar: Mehrfach haben mir Kolleginnen und Kollegen, aber auch gestandene Pfarrer, gestanden, sie würden sich mich bissiger, widerspenstiger wünschen, “wie zu Beginn”. Und: “Schreib doch mal etwas gegen…!”

Ich kann das verstehen. Ehrlich. Und es stimmt ja auch: Ich bin etwas zurückhaltender geworden im letzten Jahr. Woran das liege, werde ich gefragt: Ist zurzeit “alles gut” und also nichts kritikwürdig aus meiner Sicht? Gibt es Kritikwürdiges – und ich bin einfacher genügsamer, anspruchsloser geworden? Oder hat mir, wie auch schon vermutet wurde, “die oder der da” die Zähne gezogen (oder zumindest die Flügelchen gestutzt)?

Ganz ehrlich? Natürlich wäre es gelogen, wenn ich behauptete, es gäbe aus meiner Sicht keinerlei Anlass zu Kritik und also nicht Beiträge, die geschrieben werden müssten – auf die ich dann aber verzichte. Ich glaube auch nicht, dass ich in letzter Zeit anspruchsloser und genügsamer geworden bin. Aber sie kann eben eine gute Schneiderin sein, die sprichwörtliche Schere im Kopf – aus den folgenden zwei Gründen, die beide mit meiner gegenwärtigen und künftigen An-Teil-Nahme an und in der Kirche zu tun haben:

Erstens bin ich kein Outsider (mehr). Ich stehe kurz vor dem Abschluss des Theologiestudiums und bin seit mehreren Jahren Kirchenpfleger und habe etwa auch schon einmal eine Pfarrwahlkommission geleitet. Damit ist die Kirche weniger als zu Beginn meines Blöggelens ein abstraktes Gegenüber, sondern immer mehr auch meine Kirche. Der Online-Einsatz des verbalen Zweihänders, so viel Spass er mir und offenbar z.T. auch dem geneigten Zuschauer machen mag, ist dann aber zumeist fehl am Platz. Also: Natürlich gibt es aus meiner Sicht weiterhin sehr vieles an meiner Kirche und am Konkordat zu kritisieren – ja, je mehr Einblick ich habe, desto mehr! Aber wenn ich die Kritik intern, bei den richtigen Stellen, anbringen kann, so ziehe ich dies, falls überhaupt möglich, mittlerweile vor. [1]

Das Zweitens hängt damit zusammen: Ich habe in den vergangenen ein, zwei Jahren die Erfahrung machen müssen, dass öffentlich oder auch nur schon in einer kleinen Gruppe direkt geäusserte Kritik an kirchlichen Strategien von manchen Exponenten der – zumindest meiner – Landeskirche unsachlich gekontert wird. “Man” ist, aus welchen Gründen auch immer, extrem dünnhäutig (geworden?). Und so sind wir bei einem Punkt, auf den ich nicht stolz bin: Ich möchte mich nicht noch stärker exponieren, als ich dies sowieso schon tue. Als Student und angehender Vikar bin ich im Moment auf verschiedener Ebene Bittsteller, und Bittsteller haben, so meine Erfahrung, bittzustellen – und sonst nichts. Das ist frustrierend: für mich, weil die Schere im Kopf zielgenau das Sprachzentrum trifft und deshalb manches nicht thematisiert werden kann, was unter gewöhnlichen Umständen thematisiert gehört. [2] Und vielleicht auch für manchen von Ihnen, weil der neue Studer nicht so bissig und widerspenstig ist wie der alte. Damit müssen wir wahrscheinlich leben.

[1] Von dieser Möglichkeit habe ich schon mehrfach Gebrauch gemacht. Manchmal durchaus mit Erfolg.
[2] Gerade angesichts des absehbaren Pfarrermangels wäre dies dringend notwendig, denn die Probleme sind teilweise zweifellos hausgemacht.

Das Nächste: Einmal Praxisluft schnuppern

By , 17/01/2012 08:44

Wer reformierte Theologie studiert und das Ziel hat (oder sich wenigstens die Möglichkeit offen lassen möchte), nach dem Studium ein Pfarramt in der Deutschschweiz anzutreten, durchläuft eine zweigleisige Ausbildung, die sich, vereinfacht dargestellt, auf die folgende Formel bringen lässt: “Theorie an der Universität, Praxis bei der Landeskirche”. Dies ist nicht zuletzt auf die vielgeforderte (aber längst nicht realisierte) Trennung von Kirche und Staat zurückzuführen – und wohl auch im Interesse der Kirche selbst: Wenn die Verantwortung für den pfarramtlichen Nachwuchs bei ihr selbst liegt, kann sie, wenn sie es gut macht, ihre Erfahrungen direkt in das Ausbildungssystem einfliessen lassen.

Die evangelisch-reformierten Landeskirchen der Deutschschweiz, mit Ausnahme Berns, arbeiten in punkto Aus- und Weiterbildung zusammen, in der Form eines Konkordats. Das kirchlich verantwortete Praxis-Programm, das hier jeder Theologiestudent, Kolleginnen sind mitgemeint, mit Ambitionen auf ein Pfarramt durchlaufen muss, sieht folgendermassen aus:

1. Er lässt sich von einem Mentor mit Pfarramts-Erfahrung durch das Studium begleiten.

2. Er führt vier Gespräche mit der sogenannten Kommission für entwicklungsorientierte Eignungsabklärung (kurz: KEA). Diese Gespräche finden zu relativ klar festgelegten Zeitpunkten statt: zu Beginn des Studiums, vor und nach dem Praxissemester (s. Punkt 3) sowie nach dem Vikariat (s. Punkt 4).

3. Er absolviert, gewöhnlich zwischen Bachelor- und Masterstudium, das sogenannte EPS. Das Kürzel steht für Ekklesiologisch-Praktisches Semester, was im übertragenen Sinne bedeutet: “einmal Praxisluft schnuppern”. Dieses praktische Semester findet, abseits bzw. anstelle der Uni, in einer Gemeinde nach Wahl statt und beinhaltet mehrwöchige Einsätze in den vier Bereichen Kirchgemeinde, Diakonie, Wirtschaft und Schule. Dazwischen gibt es immer wieder Ausbildungselemente, zu denen sämtliche Praktikanten des Konkordats zusammengezogen werden.

4. Er absolviert nach dem universitären Master-Abschluss, d.h. als “fertiger” Theologe (ein Widerspruch in sich, ich weiss), ein Vikariat in einer Kirchgemeinde: ein Praxisjahr, das grundsätzliche sämtliche Aufgaben beinhaltet, die auf einen Pfarrer zukommen – vergleichbar mit dem Praxisjahr, das bei den Juristen Bedingung für die Zulassung zur Anwaltsprüfung ist. Auch dieser Einsatz wird durch Ausbildungskurse unterbrochen. Ist das Vikariat erfolgreich beendet, kann der Theologe ordiniert werden. Danach erfüllt er sämtliche Voraussetzungen, um sich ins Pfarramt wählen zu lassen.

Weshalb ich all dies erwähne? Nun, nachdem bei mir Punkt 1 erfüllt und Punkt 2 im Tun ist, werde ich in Bälde, im Herbstsemester 2012/13, die dritte Stufe des Pfarramt-Shuttles zünden. Die Anmeldung für das Praxissemester ist angenommen, das Vorgespräch beim Konkordat habe ich gestern hinter mich gebracht – im August geht es los. Wo, steht noch nicht fest. [1]

Selbstverständlich werde ich ab Spätsommer über meine Erfahrungen berichten.

[1] Nachtrag vom 8.2.2012: Ich habe eine sehr interessante EPS-Gemeinde gefunden. Mehr dazu, wenn es losgeht.

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