Posts tagged: Jerusalem

Für sich gemeinsam – zu Pfingsten

By , 27/05/2012 07:47

Ich mag leicht übertrieben haben, als ich in einem früheren Text das Jerusalem-Seminar von letztem Jahr als atemraubende Schnitzeljagd von Scherbengrab zu Scherbengrab charakterisierte. Ein bitzeli stimmte das aber schon.

Jedenfalls: Hin und wieder hatten wir auch Gelegenheit, das Land allein oder in Gruppen auf eigene Faust zu erkunden. Besonders gerne erinnere ich mich hierbei an den Besuch Bethlehems – für mich die Offenbarung der ganzen Reise. Aus unorthodoxem Grund allerdings: Es war nämlich nicht, wie ich gerne sagen würde, die Geburtskirche, die mich so nachhaltig beeindruckte, sondern ein an und für sich stinknormaler lutherischer Gottesdienst, zu dem wir vom Pastor eingeladen worden waren.

Weshalb? Weil ich hier zum ersten ersten Mal nicht erdachte, sondern konkret, live, erfuhr, was Oekumene im Sinne einer weltumspannenden Christenheit bedeuten kann: Von der auf Arabisch gehaltenen Predigt verstand ich natürlich nichts – aber die Lieder, ebenfalls in arabischer Sprache, waren mir von der Melodie her bestens vertraut, und auch wenn die Anwesenden das Apostolikum und das Unservater in ihren je eigenen, mir völlig fremden Sprachen herunter- bzw. hinaufbeteten, hatte ich doch den Eindruck, dass ich sie alle in meiner Muttersprache reden hörte (Apg 2).

Jeder für sich das eigene und doch gemeinsam dasselbe – einen Moment lang habe ich nichts und doch alles verstanden.

Frohe Pfingsten wünsche ich Ihnen – und viele solcher Pfingstereig- und -erlebnisse, heute und sowieso.

Die Ballade von Immernoch und Längstschon – zu Silvester/Neujahr

By , 31/12/2011 11:03

Wie schön sie doch sind, die Tage zwischen den Jahren: Das alte Jahr ist nicht mehr, das neue noch nicht. Für alles gibt es eine Stunde, sagt man – in diesen Tagen: die stille Stunde zur Entspannung im Raum zwischen dem Nichtmehr und dem Nochnicht. Zur Ruhe kommen, endlich…

Pustekuchen.

Jetzt erst finde ich doch Zeit dafür, nach dem Alltäglichen der vergangenen elfeinhalb Monate die letzten (und teilweise vorletzten) Pendenzen des alten Jahres abzuarbeiten und mich auf die ersten Wochen im neuen Jahr vorzubereiten. Das Nichtmehr des alten Jahres ist in Wirklichkeit ein lautes, forderndes Immernoch, das Nochnicht des neuen ein ebenso lautes, forderndes Längstschon.

Doppelte Arbeit also.

Und so habe ich die vorlesungs- und unterrichtsfreie Zeit zwischen Weihnachten und Silvester v.a. damit zugebracht, die über das Jahr angesammelten Kleintiere kurzzeitig über meinen Körper gewinnen zu lassen, meine Proseminararbeit zu Løgstrups Ansatz der “ethischen Forderung” doch noch fertigzustellen und, ebenfalls längst geplant, ein Arbeitszeugnis zu formulieren (immer wieder eine Herausforderung) – zugleich aber auch schon damit, den Unterricht der ersten Nachferienwoche sowie eine Hebräisch-Gesamtrepetition für die Tutoratsgruppe vorzubereiten. Jetzt steht noch ein Grossputz an. Wenn ich schon einmal dran bin…

Heute abend immerhin wird eine Pause eingeschaltet.

Ich verneige mich in grosser Dankbarkeit vor dem ausgehenden Jahr. Dieses war, soviel steht fest, das bis anhin ereignis- und lehrreichste, was mein Engagement in den Bereichen Theologie und Kirche anbelangt. Ich durfte beispielsweise feststellen, dass meine theologische Urteilskraft in den vergangenen zwei Semestern einige Fortschritte gemacht hat und ich mich mehr und mehr imstande fühle, an den Diskussionen in den universitären Veranstaltungen ernsthaft teilzunehmen. Auch denke ich sehr gerne an das religions- und bibelwissenschaftliche Seminar in Jerusalem und an das Barth-Blockseminar auf dem Leuenberg zurück, ebenso an die (erfolglose) Kandidatur für das Kirchenparlament und die (bisher erfolgreiche) Leitung der Bubiker Pfarrwahlkommission. Es ist viel gelaufen, und ich habe, es ist tatsächlich so einfach, nur gewonnen.

Zugleich schaue ich erwartungsvoll dem neuen Jahr entgegen. Was es für mich bereithalten wird? Der Uni-Stundenplan des ersten Semesters jedenfalls ist kreditpunktebedingt bereits stark reduziert, und im zweiten Halbjahr geht es in die praktische Ausbildung durch das Konkordat, was, beides, so hoffe ich, einige neue Erfahrungen und Impulse ermöglichen und bringen wird. Darauf bin ich gespannt. Wenn das neue Jahr nur halb so lehr- und abwechslungsreich wird wie das alte, bleibe ich ein glücklicher, zufriedener Mensch.

Das wünsche ich auch Ihnen, liebe Leserin, lieber Leser: eine kleine Pause heute abend und, morgen beginnend, ein gutes neues Jahr mit den richtigen Herausforderungen zur rechten Zeit.

Ton Steine Scherben, meta

By , 25/09/2011 16:41

Als wir – etwa 35 Studenten und Doktoranden unter der hochdotierten Leitung von vier Professoren (Konrad Schmid, Christoph Uehlinger, Jörg Frey und Thomas Krüger) – im Sommer im Rahmen eines Seminars zwei Wochen lang Jerusalem und Umgebung auskundschafteten, hauptsächlich mit historischer Perspektive, merkte ich: Das archäologische Tagesgeschäft ist meine Sache nicht. Ausgrabungsstätte um Ausgrabungsstätte haben wir besucht – doch trotz sympathisch-enthusiastischer Erläuterungen seitens der leitenden und begleitenden Fachleute wollte der Funke nicht so recht überspringen auf mich. Vielleicht war es aber auch einfach zu heiss, als dass der Unterschied noch spürbar gewesen wäre…

Jedenfalls: Dass die Ergebnisse archäologischer Forschung durchaus spannend sein können, habe ich in den letzten Tagen eindrücklich erfahren dürfen – beim Korrekturlesen der Masterarbeit eines guten Theologen- und Sowieso-Freundes. Zu nächtlicher Stunde in einer kühlen Wohnung gelesen, und dies mit der pflichtbewussten Aufmerksamkeit eines wohlwollend-pedantischen Korrektors, konnte die Arbeit im Nu mein Interesse für philistäische Scherben und ägyptische Reliefs wecken.

Klar: Die Biblische Archäologie wird voraussichtlich auch in Zukunft eine untergeordnete Rolle spielen in meinem theologischen Curriculum. Aber solange es Fachkollegen gibt, die derart anschaulich über archäologische Befunde schreiben, ist dies nicht weiter tragisch. Danke also, Manuel – und, ein wenig Egoismus schwingt hier zugegebenermassen mit, ein Hoch auf die Arbeitsteilung in unserer Disziplin!

Panorama Theme by Themocracy