Posts tagged: Fakultät

Zuspruch und Wirklichkeit

By , 22/07/2012 08:58

Zeichnen konnte ich nie – das ist, ob ich will oder nicht, eine Tatsache. Ich habe Kindheitswerke von mir im Keller liegen, die Sie sich weder vorstellen können noch vorstellen wollen. Und doch hätten mir meine Eltern nie direkt gesagt, dass ich ein mieser Zeichner bin. Im Gegenteil, manchmal erhielt ich sogar ein kleines Lob für meine Kritzeleien. Wenn man das Gegenüber gern hat, drückt man halt das eine oder andere Auge zu und ist man bereit, den Anspruch, die Erwartungen zu senken. Das ist schön – macht die bewertete Leistung aber nicht besser.

Deshalb: Denkt daran, liebe Mitstudentinnen und Mitstudenten an der Theologischen Fakultät, wenn auch Ihr regelmässig Bestnoten bekommt: Die Damen und Herren Dozenten mögen uns wahrscheinlich “nur” – richtig gut sind wir deswegen (erwiesenermassen) noch lange nicht.

Kleine Freude des Alltags

By , 13/03/2012 15:14

Tasche schultern, Stöpsel aus den Ohren, S-Bahn verlassen…

Kiosk, Outback und Suan Long – rechts durch die Stadelhofer Passage: Spectrum Optic, Fruchtpunkt, Rattanshop, Swisscom und Art Poster Gallery – durch das Tor, rechts halten: Buchhandlung Bodmer und Galerie Koller, links Coop City – weiter geradeaus: Lele PyP, Foto Beyeler, Eselstein und Schuhmacherei Huwyler – Rämistrasse überqueren (die Grünphase reicht nie!) – links Bellavista, Philatelie Walter und Sonnen-Apotheke – jetzt ins Oberdorf: Tschingg, Airyoga, Musig Hüsli und Mr. Pinocchio; Orange Citydisc; Glen Fahrn und Hotel Otter; Altstadt-Antiquariat, Blumen-Binder und Oberdorfbeck Vohdin; Tom Tailor und Noon; Restaurant Weisser Wind; Coiffure Arnold und Stefi Talman; Herren-Coiffeur Messerli, Bead Box und Waser; Diva; QL (Hiestand-Gipfeli-Provider) und Galerie Africana; Variante B und Galerie Alexander E. Räber; Somea, Buchhandlung im Licht (im Schaufenster u.a. das Buch “Ein Kurs in Wundern”, das für mich dennoch nicht in Frage kommt) und Kinderbuchladen; Pomp It Up und Malelo; Rien Ne Va Plus; Schuhhaus Gräb (Schuhe von, ausgerechnet, Mephisto!); Bookbinders Design, Zentrum Karl der Grosse

…und schon stehe ich vor dem in Frühlingsonne getauchten Grossmünster. Gibt es, noch dazu an Tagen wie diesem, einen schöneren Arbeitsweg?

Teologia alla Bolognese

By , 25/02/2012 08:24

Die Kritik am Bologna-System – a.k.a. Schlacht am Punkte-Buffet – mag in mancherlei Hinsicht berechtigt sein. Aus eigener Erfahrung kann ich aber sagen, dass auch das Lizentiatssystem, das selbst von Kolleginnen und Kollegen gepriesen wird, die es nie selbst kennengelernt haben, seine Schwächen hatte und dass eine Rückkehr dorthin nicht zwingend besser wäre. Und ebenso aus eigener und gerade eben aufgefrischter Erfahrung möchte ich festhalten, dass zumindest wir Theologen bei Dozenten in die Lehre gehen, welche der Vernunft in der Regel einen hohen Stellenwert einräumen und fünfe (oder, um die Versöhnung mit der schönen, unschuldigen Stadt Bologna auch sprachlich zu demonstrieren: “cinque”) auch einmal gerade sein lassen! Mit dem so verstandenen Bologna-System kann ich allerbestens leben.

Ausserdem: An welcher anderen Fakultät…

…kann man Professoren direkt und unbürokratisch anschreiben und erhält für gewöhnlich innert weniger Stunden, oft auch spätabends oder an den Wochenenenden, eine mehr als brauchbare Antwort (teilweise auch auf Aspekte, die man selbst noch nicht einmal bedacht hat, die aber sicher im Verlauf des Abklärungen noch relevant geworden wären)?

…werden schonmal Stundenpläne umgestellt, wenn ein oder zwei (und nicht zwingend mehr!) Studenten Terminkonflikte melden?

…sind Modulverantwortliche bereit, Abgabetermine von Seminar- und anderen Arbeiten im Einzelfall zu verschieben, auch wenn die Gründe für die Anfrage private sind?

Gewiss, es ist nicht alles perfekt an der Theologischen Fakultät. Aber wir jammern, wenn wir jammern, auf sehr hohem Niveau.

O heilige Vielfalt!

By , 11/09/2011 19:05

Noch eine Woche – dann nimmt die vorlesungsfreie Zeit ein Ende. Bei mir beginnt das fünfte Semester des Theologiestudiums. Rückblickend stelle ich fest: Schneller sind zwei Jahre noch nie vorbeigegangen in meinem Leben! Es gab bisher keinen Grund für einen ungeduldigen Blick auf die Uhr: Theologie beschäftigt ganz gut. Und ich glaube, sie hält, geistig zumindest, einigermassen jung.

Der Blick in die Hörsaalreihen wird auch im neuen Semester wieder zeigen: Die Vielfalt unter den Studenten ist gross. Als ich noch Publizistik studierte, im Erststudium, musste ich feststellen, dass Sozialwissenschafter sich zwar gerne unkonventionell geben, genau darin bisweilen aber austauschbar sind; der grosse Reinhard Mey prägte hierfür den Begriff der “Nonkonformisten-Uniform”. Die Unterschiede jedenfalls, die Lebensentwürfe und Geisteshaltungen betreffen, scheinen mir unter den Theologiestudenten ein Vielfaches grösser. (Kein Grund für Selbstgerechtigkeit allerdings: Es gibt ja, Achtung: Euphemismus!, nicht nur “horizontale”, sondern auch “vertikale” Unterschiede!)

Die Vielfalt liegt sicher auch darin begründet, dass ein Grossteil der Theologiestudenten das sprichwörtliche “gerüttelt Mass” Lebens- und Berufserfahrung mitbringt: Zweitstudien und andere “Umwege” sind keine Seltenheit, so dass für manchen, der die Theologische Fakultät zum ersten Mal besucht, nicht auf den ersten Blick ersichtlich wird, wer die Bachelorarbeit noch vor sich – und wer die Habilitation längst hinter sich hat. Nicht nur, aber auch.

Diese Vielfalt gibt es auch in der theologischen Praxis, d.h. innerhalb der Pfarrschaft: kaum ein Zeitungsartikel über einen Pfarrer, in dem sich die (immer positiv gemeinte) Feststellung findet, dass das beschriebene Objekt “kein typischer Pfarrer” sei. “Der typische Pfarrer” ist ein Phantom.

Eindrücklich gezeigt hat sich mir dies ganz konkret im laufenden Jahr. Als Präsident der Pfarrwahlkommission in meiner Kirchgemeinde hatte ich, wie meine dreizehn Kolleginnen und Kollegen in der Kommission, mit zahlreichen Bewerbern zu tun. Sie alle hatten Theologie studiert – bis auf einen selbsternannten Prediger, der sich denn auch gleich zweimal mit demselben Schreiben an mich wandte -, sind ordiniert und interessierten sich für die offene Pfarrstelle am Ort. Das war es dann aber auch schon mit den Gemeinsamkeiten. (Heute hat die Kirchgemeindeversammlung unseren Wahlvorschlag gutgeheissen.)

Die “heilige Vielfalt” unter uns Theologiestudenten und Jungtheologen macht die Ausbildung der Pfarrerinnen und Pfarrer nicht einfach: Wir stehen alle an einem anderen Ort. Das Konkordat der Deutschschweizer Kantonalkirchen, welches die praktische Ausbildung, d.h. unsere Vorbereitung auf das Pfarramt, übernimmt, ist diesbezüglich sicher nicht zu beneiden. Aber mit etwas gutem Willen liessen sich sicher Modelle finden, welche die unterschiedlichen Erfahrungshorizonte von uns Studenten angemessen berücksichtigen – so viele sind wir ja nicht. Ob das Konkordat dies tut und inwiefern das Konkordat und die Zürcher Landeskirche sich für “ihre” Studenten interessieren und einsetzen – voraussichtlich im Herbstsemester 2012/13, wenn ich die landeskirchlich organisierte praktische Ausbildung aufnehme, werde ich dies erfahren.

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