Scheinschein wahren

By , 05/10/2013 10:32

Mitte März erhielt ich das Bachelordiplom, gestern, über ein halbes Jahr später, fand die die Diplomfeier statt. Deshalb dachte ich mir im Vorfeld: Da wird nichts mehr ausgehändigt, denn was ich brauche, habe ich längst – also werde ich auf meinem Platz bleiben bleiben können. Anlässlich der (recht feierlichen) Feier also eher in der hinteren Hälfte des Grossmünsters sitzend, bemerke ich aber, dass auf dem Taufstein zu viele Couverts bereitliegen, als dass nicht jede und jeder Feiernde berücksichtigt würde. Bei den einen würde der Umschlag wohl tatsächlich das Diplom enthalten – aber in meinem Fall? Etwa noch eine Urkunde? Käumlichstens. Also: meinen Namen gehört, nach vorne gegangen, Umschlag vom Dekan überreicht bekommen, mich wieder hingesetzt – gwundrig nachgeschaut. Und gelacht.

In-Formation

By , 30/09/2013 14:41

Gestern abend habe ich erstmals die weibliche Form des doch eigentlich geschlechtsneutralen (aber halt grammatisch maskulinen) “Beistands” gehört: “Beiständin”. Meine erste Reaktion: klingt wie vieles, was “gut gemeint” ist. Dann aber, auf die zweite Hörin, etwas konstruktiver: könnte in die nächste Auflage der Bibel in gerechter Sprache aufgenommen werden – als Alternativbezeichnung für die “Heilige Geistkraft”.

Danke schön

By , 25/09/2013 05:17

Ich habe elektronische Post erhalten. Vom Bischöflichen Ordinat Chur. Zum Tag der Ehe. Das hat weder mit einem insgeheimen Wunsch nach einem Übertritt zur katholischen Konkurrenz (den es nicht gibt) noch mit dem vor Kurzem vorgenommenen Upgrade meines Zivilstandes zu tun. Einfacher: Hintergrund ist ein Blogtext, den ich vor gut anderthalb Jahren verfasst habe und für den mir der Bischof himself damals per E-Mail danken liess. Seither bin ich Mitadressat eines Newsletters, der mir beide Tage der Ehe, die es in den vergangenen achtzehn Monaten anzukündigen gab, schmackhaft machen wollte.

Nun bewege ich mich allerdings immer noch im Hochzeitsmodus und bin deshalb noch nicht gar so recht im seligen Ehestand angekommen: Insgesamt einunddreissig Dankeskarten galt es über das Wochenende und Anfang dieser Woche zu schreiben (wobei ich sie, weil das Fest so grossartig war, natürlich schreiben durfte). Wer weiss, was dies für einen Linkshänder bedeutet (Schmieralarm!), ahnt auch, dass da mit herkömmlicher Ehe noch nicht viel sein kann.

Immerhin (und jetzt wird es beinahe dogmatisch): Ein Blatt Fliesspapier ermöglichte, dass die Karten von den Angeschriebenen in den nächsten Tagen weitgehend unbefleckt empfangen werden können.

Sanft gelandet

By , 16/09/2013 13:24

Nachdem das Qualitäts-Duo – meine bessere Hälfte und ihre bessere Hälfte, welche Mischung! – Ende August im Traugottesdienst die entscheidende Frage richtig beantwortet hatte, wurden an der Lokalität des weiteren Festgeschehens u.a. Ballons in den Apérohimmel geschickt, mit Wunsch-Zetteln versehen, die von den, uns natürlich unbekannten, Finderinnen und Findern zurückgeschickt werden sollten.

Dies geschah auch vielfach.

Ein Fall ist besonders schön: Ein Kärtchen wurde nämlich nicht einfach frankiert und so eingeworfen, sondern uns in einem Umschlag zugeschickt – mit Begleitkarte:

Wunsch-Zettel-Brief

Süss? Sicher! Kitschig? Klar! Aber wer heute noch die Luftflaschen-Post bemüht, schreit ja förmlich danach…

(Ob die Landung im neuen, heute beginnenden – zweitletzten – Semester ähnlich sanft sein wird, weiss ich in wenigen Minuten.)

Kraut und Rüben

By , 21/08/2013 08:49

Im “Gesuch um Vorbereitung der Eheschliessung (Gesuch um Durchführung des Vorbereitungsverfahrens der Eheschliessung)” wird, “zu statistischen Zwecken”, wie es heisst, auch die Religion der Heiratswilligen erhoben.

Die Auswahl ist die folgende:

Religions-Konfessions-Tuttifrutti

Bin ich der Einzige, der diese Auflistung zutiefst lieblos-undifferenziert – will heissen: weder komplett noch in allen Punkten sprachlich wie theologisch korrekt – findet?

Wer von meinen Leserinnen und Lesern ist bereit, mir beim Einsammeln der Fragezeichen zu helfen, die sich spätestens beim zweiten Lesen ergeben?

Rostlaster

By , 12/08/2013 07:26

Nein, ich bin nicht weg – sondern nach der erzwungenen Pause im Juli einfach noch nicht wieder recht auf Touren gekommen. Wie bei einer stillstehenden Lokomotive, die (physisch) in Bewegung gebracht werden muss, bedarf dies in meinem Fall (mental) grosser Kraft – mit der Trägheit ist es bei grossen Massen wie bei mir nämlich so eine Sache. Aber ich kriege dieses Laster in den Griff – sicher!

A propos: Hier ein Bild eines Lasters, den ich vor ein paar Wochen auf dem Weg an die Uni passiert habe:

Laster

Wenn mir die letzten Monate allerdings etwas wieder einmal sehr eindrücklich vor Augen führten (und die in die Details Eingeweihten werden diesen Schluss nachvollziehen), dann dies: dass ich nicht der Pilot meines Lebens bin. Ich sitze im besten Fall auf der Beifahrerseite – gespannt zu sehen, wohin die Reise geht.

Der letzte ausstehende Essay schreibt sich aber natürlich trotzdem nicht von selbst.

Fünfe grade

By , 23/07/2013 08:28

Manchmal ist der Gedankenweg, der vom Profanen zum Philosophischen führt, ein kurzer, die Verbindung des einen mit dem anderen eine plötzliche:

Wir tigern an den Stäben hin und her, aber niemand bemerkt uns. Hinter den Stäben liegt ein öder Fabrikplatz, begrenzt durch nackte Fabrikwände. Keine Bewegung – und von Walo weit und breit keine Spur. Nach ziemlich langen drei viertel Stunden, die wir am Tor wartend wie Bettler verbringen, steht er unversehens neben uns.
“Walo, wo hast denn du dich rumgetrieben die ganze Zeit?”
“Ich habe mir einen Sonnenbrand geholt.”
“Hm, wo denn?”
“Im Gras.”
Weil Walo bereits seit morgens um halb sechs unterwegs ist, musste er seine gesetzlich verordnete Zwangspause absolvieren. So hat sich die verschmähte Tankfüllung in Genua über einen Abend, eine Nacht und einen langen Morgen gerächt. Doch jetzt ist unser Vorsprung auf null geschmolzen. So vergeht unsere Zeit. Ob schnell, ob langsam, schliesslich stehen wir alle vor dem genau gleichen Tor.

(Aus: Markus Maeder, Vom Herzchirurgen zum Fernfahrer – Der Spurwechsel des Dr. med. Markus Studer. Ein Bordbuch, Wörterseh Verlag, Gockhausen 2008, S. 56)

Die Erfahrungen der vergangenen Monate sind mir eine Lehre fürs Leben: Ich werde die zwei Semester, die das Theologiestudium noch dauert, gelassener angehen – und manches Andere auch.

Ankommen tue ich sowieso.

Spital-Seelsorge

By , 12/07/2013 12:38

So – nach einer längeren und unfreiwilligen Pause kann ich nun hoffentlich wieder häufiger schreiben. Um die zumindest andeutende Berichterstattung über mein körperliches Wohlbefinden abzuschliessen: Ich war letzte Woche unter dem Skalpell und bin jetzt wieder zu Hause, fit und munter – und den definitiven Befund, nachträglich, abwartend. Aber es scheint so, als ob wieder alles “in Ordnung” sei.

Vielen Dank allen Seelsorgerinnen und Seelsorgern in dieser langen Zeit der Ungewissheit und Unwissenheit, die sich dann doch noch bis gestern hinzogen (und auch noch ein wenig andauern). Damit sind nun nicht die Pfarrer gemeint, die es am Unispital gibt, denn von ihnen habe ich während meines stationären Aufenthalts keinen gesehen, aber ich danke, etwas weiter gefasst:

Dem Anästhesisten, der mir am Abend vor der Operation eigentlich nur noch rasch sämtliche Narkoserisiken erklären wollte und mich, nach einem Nachmittag voller Abklärungen in grossen Geräten und durch ernst dreinschauende Ärzte, aufgelöst in meinem Zimmer vorfand – und der dann perfekt reagierte, indem er dies der richtigen Person berichtete. Nämlich:

Der Assistenzärztin, die mich teilweise vor- und nachbetreute und die, als ich die genannte Krise schob, so gegen halb acht Uhr abends, ein weiteres Mal in meinem Zimmer erschien, um mir die Operation Schritt für Schritt zu erläutern und die entsprechenden Risiken, welche durchaus nicht ganz ohne sind und waren, noch einmal geduldig einzuordnen zu helfen. Das werde ich ihr nicht vergessen.

Dem leitenden Arzt, der mich auf dem Tisch hatte und dabei nicht nur grossartige Arbeit verrichtete (das auch!), der Filigrankünstler, sondern in den wenigen Minuten, in denen ich ihn jeweils sah (er hatte mich im Gegensatz dazu ja etwas länger vor sich), auch eine beruhigende Gelassenheit ausstrahlte, insbesondere am frühen Morgen des Operationstages.

Den Pflegerinnen und Pflegern, die, so mein Eindruck, allesamt mehr taten, als einen Job zu verrichten. Das Umfeld ist nun wahrlich kein schönes, aber was sie daraus machten, mit ihrer Sorgfalt, ihrem Nachfragen, ihrem Humor (doch, bisweilen gab es auch Grund zu lachen), ist beachtlich. Am liebsten nie mehr – aber sonst, theoretisch: gerne wieder.

Den wenigen Freunden und Kollegen und den Dozenten, die ich vorab informierte und die sich immer wieder nach meinem Wohlbefinden erkundigten und mir, dies im Falle der Dozenten, im Vorfeld auch unkompliziert die eine oder andere Freistunde ermöglichten für Abklärungen und zum Nachdenken. Das hat, wie auch die Erkundigungen aus Bubikon, sehr geholfen!

Besonders aber natürlich meinen Eltern und Geschwistern und meiner viel, viel besseren Hälfte, die allesamt mitgefiebert, streckenweise auch mitgelitten haben. Denn seien wir ehrlich: Der Satz, wonach geteiltes Leid halbes Leid sei, ist in dieser Absolutheit Blödsinn – das Leid wirft sich mit seinem vollen Gewicht auf jeden der davon Erfahrenden, der am Ende ebenso einzeln und allein damit umgehen muss wie der Kranke.

Wie gesagt: Das wäre (wohl) geschafft. Jetzt wächst, um Willy Brandt zu zitieren, (wieder) zusammen, was zusammengehört – und danach soll es in meinem Leben und hier mit Erfreulicherem weitergehen.

Gut und artig

By , 26/06/2013 15:11

A propos “gut und artig”: Die Welt ist nicht verloren. Mein erstes Handy, ein wunderbar unelegantes Nokia 3210, damals, im Dezember 1999, kurz vor der RS angeschafft? Ein paar Jahre später im Bus liegen lassen – nie zurückbekommen. Mein erstes richtig eigenes Laptop? Zu Beginn des Theologiestudiums, blöderweise voller nirgendwo sonst gesicherter Notizen für ein mir gerade bevorstehendes Referat, im Tram liegen lassen – ebenfalls für immer verschollen. Sicher: dumm von mir, beides, der ich schusselig bin, und, ebenso beides, enttäuschend von den Mitmenschen, welche die Funde hätten in den dafür vorgesehenen Büros hinterlegen können und, finde ich, sollen.

Ich muss gestehen, ich habe mich nicht geändert: In den letzten zwölf Monaten habe ich meinen guten alten “Chuck” im Bubiker Bus vergessen, am Schul-Skitag in Flumserberg meinen Schlüsselbund verhühnert und darüberhinaus, gerade erst letzte Woche, meinen Memory Stick irgendwo in Bubikon liegen lassen. Nur: Alle diese Dinge wurden ab- und mir zurückgegeben.

Liegt das am ländlichen Umfeld? Oder haben sich die Zeiten, zum Guten, geändert? Ich weiss es nicht. Es ist aber schon rührend, welche Reise mein kleiner Memory Stick, so ganz ohne Schutz meiner Hosentasche, hinter sich hat – quer durch drei schöne Kone dieses Kantons: in Bubi- verloren, in Hombrechti- vom lieben ehrlichen Finder abgeschickt, und zwar nach Zolli-, zu meiner ehemaligen Praktikumsleiterin (der Finder hatte ihre Adresse in einem abgelegten Gottesdienstplan entdeckt) – und von dort zurück nach Bubi-.

Wie gesagt: Die Welt ist nicht verloren – oder, etwas kleiner: Es gibt noch gute und artige Menschen. Muss auch einmal gesagt sein.

Gut und böse

By , 15/06/2013 16:16

Ist die Abwesenheit von Krieg schon Frieden? Einer, der nicht gegen uns ist, unausgesprochen für uns? Ist einer, der kein Bösewicht ist, deswegen bereits ein Freund?

Nein, eigentlich nicht. Doch wenn man einige Wochen lang im Ungewissen gelebt hat, wird aus dem eben noch potentiell Bösartigen durch eine simple gute Nachricht auf einen Schlag nicht einfach ein halbwegs okayes Ding, sondern gleich ein Guter und Artiger.

Sobald demnächst die Relationen wieder stimmen, muss er natürlich trotzdem raus – der Sauhund. Aber heute wird angestossen.

Panorama Theme by Themocracy